Laktose-Intoleranz: neuer Test

Es ist schon wahr: Die Diagnose einer Laktose-Intoleranz ist ganz entscheidend im Leben, glaubte ich doch mit 17, als ich einen immer-währenden aerodynamischeren Darm konstatieren musste, mich niemals fortpflanzen zu können, niemals eine Frau zu finden. Und ich habe mindestens nochmals 17 Jahre benötigt, um zu begreifen, dass ich schlicht an einer Laktose-Intoleranz litt. So besehen lohnen sich sicher auch grosse Investitionen für etwas, das man eigentlich für nur fünf Franken haben kann. Und es liegt sicher im Zeitgeist, wenn die Krankenkassen diese Investition auch noch berappen.
Kostenvergleich: Kosten für einen genetischen Laktose-Intoleranztest Fr. 100.- bis 162.- je nach Labor, Kosten für einen Test mit 50 g Laktose Fr. 5.04.

Diagnostik mit herkömmlichem Laktose-Test, praktische Durchführung:

Der Explorand nehme 50g Laktose mit etwas Flüssigkeit, zB eine Tasse warme Milch, ein (Volumen der Laktose etwa 20 ml). Um das Resultat, den Kontrast zu verdeutlichen, soll eine (halbe) Woche vorher auf nicht-fermentierte Milchprodukte verzichtet werden. So sitzt denn der Betroffene eine gute Stunde auf dem WC mit explosivem Darm, im Gegensatz zum Nichtbetroffenen. Es ist schon gut, wenn man dann nichts abgemacht hat. Wenn die Antwort nicht klar ausfällt, ist eine allenfalls leicht verminderte Intoleranz auch nicht bedeutsam.

Hintergrundinformation:

Die Evolution schenkte uns die Laktase in unseren Därmen für die Zeit der Laktation. Danach wäre die Produktion dieses Enzyms Luxus gewesen. Seit der Einführung der Milchwirtschaft vor rund 5000 bis 10000 Jahren verzögerte die Evolution den Zeitpunkt des Verschwindens der Laktase, jedenfalls bei 95% Europäern. Den Asiaten ist dies nur in 5% gegönnt. So gelangt eben bei den Unglücklichen, evolutionär Zurückgebliebenen nach Milchkonsum Laktose jeweils ins Kolon, wo sie bakteriell vergoren wird und zu heftigem — mit Verlaub — Furzen, auch Spasmen und spezifischem Stinken führt.

«Therapie»:

Das Vermeiden von Laktose braucht schon etwas Erfahrung, weil in der industriellen Nahrungsherstellung fast überall auch noch etwas Laktose eingestreut wird, zB. bei vielen Broten als Frischhalter. In vielen traditionellen Gerichten wird etwas Milch verwendet (Kuchen, Wähen, Saucen usw.). Bei Beschränkung auf Frischprodukte ist die Vermeidung aber leicht. Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt, Quark, Käse stören nicht; der fettige Milchanteil enthält kaum Laktose, kann in Massen genossen werden, dh. Butter und Vollrahm. Schlecht ist aber Kaffeerahm mit mehr wässrigem Anteil. Es gibt aber kein anderes verlässliches Mittel als die Vermeidung. Konfektionierte Laktase (Laktigest®) hilft nicht zuverlässig und ist teuer — eine Not-lösung für Einladungen. Gerade so gut ist es, stattdessen ein grösseres Quantum nicht-pasteurisiertes dh Nature-Joghurt gleichzeitig zu essen; darin gibt es bakterielle Laktase zum Occasionsgebrauch — fast gratis.
Eine laktosefreie Ernährung kostet zwar keinen Rappen mehr, genau gleich wie eine Diabetesdiät auch nicht, doch kommt jeder gern in den Genuss von Steuererleichterungen.

Dr. med. Peter Schönbucher, Luzern

Schweizerische Ärztezeitung / Bulletin des medecins suisses / Bollettino dei medici svizzeri .2005;86: Nr 40 S.2265