Fleisch schadet . .

 ungehörnter Fleischkonsum ist tierisch unmenschlich..

Rotes Fleisch ist ungesund, im Gegensatz zu Kaffee

Wer viel rotes Fleisch isst, hat ein erhöhtes Risiko für chronische Krankheiten. Die 1986 gestartete «Health ProfessionaIsFollow-up Study» (HPFS) bei 51'529 Männern und die 1976 gestartete «Nurses' Health Study» bei 121'700 Frauen boten die Gelegenheit zu untersuchen, ob rotes Fleisch auch die Mortalität beeinflusst. In beiden Studien waren die Teilnehmenden alle zwei Jahre per Fragebogen über Ernährung, Rauchen, Medikamentengebrauch, körperliche Aktivität und chronische Krankheiten befragt worden. Die konsumierte Menge rotes Fleisch wurde für die statistische Analyse in unverarbeitetes Fleisch und verarbeitete Fleischprodukte klassiert und in Quintilen eingeteilt. Als jeweils eine Portion waren 85g unverarbeitetes Fleisch, 13g Speck, 28g Wurst oder 45g Hot Dog definiert. Die Sterbefälle wurden durch Überwachung verschiedener Register möglichst vollständig erfasst, und die Todesursachen wurden anhand von Krankengeschichten und Totenscheinen identifiziert.

Die Daten von 37'698 Männern und 83'644 Frauen, insgesamt fast 3 Millionen Personenjahre umfassend, waren verwertbar. In beiden Kohorten zusammen ereigneten sich während der Beobachtungszeit 23'926 Todesfälle. Deren Anzahl war linear vom täglichen Konsum roten Fleisches abhängig: je Portion unverarbeitetes Fleisch ereigneten sich 13% und je Portion verarbeitete Fleischprodukte 20% mehr Todesfälle. Speck und Hot Dogs waren mit dem höchsten Sterberisiko verbunden. Nach Herz-Kreislauf- und Krebsmortalität getrennte Analysen ergaben vergleichbare Resultate. Nach weiteren statistischen Berechnungen hätte der Ersatz einer Portion roten Fleisches durch Fisch, Geflügel, Nüsse, Gemüse, fettarme Milch- oder Vollkornprodukte die Mortalität um 7 bis 19% gesenkt. Kardiovaskuläre Todesfälle wären durch eine solche Ernährungsumstellung sogar noch mehr reduziert worden.

Neu ist nicht die Erkenntnis, dass rotes Fleisch ungesund ist, sondern der Nachweis einer linearen Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen konsumierter Menge und Mortalität. Dank solch grosser und Jahrzehnte dauemder Studien kann der Einfluss der Emährung auf die Volksgesundheit quantifiziert werden. Wie können wir gesünder essen? Eine chinesische Meta-Analyse aus prospektiven Kohorten- und Fall-Kontrollstudien zeìgt zum Beispiel, dass vermehrter Fischkonsum mit 12% weniger kolorektalen Karzinomen und gar 21 % weniger Rektumkarzinomen assoziiert ist.(1)

In einer anderen epidemiologischen Studie aus den USA mit 5,15 Millionen Personenjahren fanden die Studienverantwortlichen, dass Kaffeekonsum entgegen landläufiger Meinung gesund ist und dosisabhängig Todesfälle zu verhindern scheint. (2)

0 Pan An, Sun Q Bemstein AM et al. Red meat consumption and mortality: results from 2 prospective cohort studies. Arch ntern Med 2012 (9. April); 172: 555-63

in infomed-screen, Juli/August 2012 zusammengefasst von Markus Häusermann

Literatur:

  1. Wu S, Feng B, Li K et al. Fish consumption and colorectal cancer risk in humans: a systematic review and meta-analysis. Am J Med 2012 (Juni); 125: 551-59.e5
  2. Freedman ND, Park Y, Abnet CC et al. Association of coffee drinking with total and cause-specific mortality. N Engl J Med 2012 (17.Mai); 366: 1891-1904

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Diabetes meidet Vegetarier
Linda Loma, Medical Tribune 2009-09-
Vegetarier sind vor dem Typ-2-Diabetes offenbar prächtig geschützt.
Alles nur eine Gewichtsfrage?

Experten aus Kalifornien befragten über 60000 Mitglieder der Freikirche der Siebten-Tags-Adventisten aus den verschiedensten Regionen Nordamerikas nach Ernährungsgewohnheiten, Körpergewicht und -länge. Die Veganer unter ihnen hatten mit 23,6 im Schnitt den niedrigsten Body-MassIndex, nur wenig höher lagen Vegetarier, die Milch und Eier verzehrten (25,7), und „Fischvegetarier“ (26,3); gelegentliche Fleischesser kamen auf einen BMI von 27,3 und Normalköstler erreichten 28,8.

Entsprechend verteilte sich der Typ-2-Diabetes: Nur 2,9% der Veganer, aber 7,6% der Vollfleischköstler hatten Probleme mit dem Blutzucker. Doch am BMI allein lag der Schutzeffekt offenbar nicht: Wurde die Körperftaille zusammen mit anderen Risikofaktoren herausgerechnet, hatten Veganer und Lakto-Ovo-Vegetarier immer noch ein halb so hohes Diabetesrisiko wie Normalköstler. Und sogar Fisch- oder gelegentliche Fleischesser verbuchten noch eine Risikoreduktion um ca. 30%.

Tonstad S et al., Diabetes Care; online first

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J. NATL CANCER INST. 98:345-354 (2006)

C.A. Gonzälez et al.

Meat intake and risk of stomach and esophageal adenocarcino ma within the European Prospective Investigation Into Cancer and Nutrition (EPIC)

Fleischkonsum und das Risiko eines Adenokarzinoms des Magens oder des Ösophagus in der Europäischen, Prospektiven Untersuchung von Krebs und Ernährung (ERIC)

Diätetische Faktoren spielen vermutlich eine wichtige Rolle in der Entstehung der Adenokarzinome des Magnes und des Ösophagus, wobei die Evidenz einer solchen Rolle aus z. B. einer Ko¬hortenstudie fehlt. Ziel dieser Studie war es, das Risiko eines Magenkarzinoms und eines Adenokarzinoms des Ösophagus, das mit Fleischkonsum assoziiert ist, im Rahmen der Europä¬ischen, Prospektiven Untersuchung von Krebs und Ernährung (EPIC) zu untersuchen. Insgesamt 521.457 Männer und Frauen zwischen 35 und 70 Jahren aus 10 europäischen Ländern nah¬men an der EPIC-Kohorte teil. Diätetische und Lifestyle-lnforma-tionen wurden bei Rekrutierung erhoben. Cox-Proportional-Ha-zard-Modelle wurden verwendet, um die Assoziation zwischen Fleischkonsum und dem Risiko eines Kardia-, eines Nicht-Kar-dia-Magenkarzioms oder eines Adenokarzinoms des Ösopha¬gus zu untersuchen. Die Daten einer Kalibrierungssubstudie wurden verwendet, um die Hazard-Ratios (HR) und die Konfidenzintervalle (95% Cl) für Fehler in der Diäterfassung zu korri¬gieren. In eine nested Fallkontrollstudie wurden die Interaktionen zwischen Helicobacter pylori-lnfektionsstatus (d.h. H. pylori-Antikörper) und Fleischkonsum untersucht. Alle statistischen Tests waren beidseitig. Während eines durchschnitt¬lichen Follow-Ups von 6,5 Jahren wurden 330 Magenkarzinome und 65 Adenokarzinome des Ösophagus diagnostiziert. Das Risiko von Nicht-Kardia-Magenkarzinomen war statistisch signi¬fikant assoziiert mit dem Konsum von Fleisch (kalibrierte HR bei 100 gTTag zusätzlich = 3,52, 95% Cl: 1,96-6,34), rotem Fleisch (kalibrierte HR für 50 gAFag zusätzlich = 1,73, 95% Cl: 1,03-2,88) und verarbeitetem Fleisch (kalibrierte HR für 50 g/Tag zusätzlich = 2,45, 95% Cl: 1,43-4,21). Die Assoziation zwischen dem Risiko eines Magenkarzioms und dem Fleischkonsum war insbeson¬dere bei H. pylori-lnfizierten hoch (Odds-Ratio für 100 g/Tag zusätzlich = 5,32, 95% Cl: 2,10-13,4). Konsum von zusätzlichem Fleisch insgesamt oder von rotem wie verarbeitetem Fleisch zeigte keine Assoziation mit dem Kardia-Karzinom. Eine positive, jedoch statistisch nicht signifikante Assoziation zeigte sich zwi¬schen dem Adenokarzinom des Ösophagus und dem Gesamt¬konsum von Fleisch im entsprechenden Kalibrierungsmodell. In der Studienpopulation war das Gesamtrisiko für einen 60-Jäh¬rigen, innerhalb von 10 Jahren ein Magenkarzinom zu entwickeln, 0,26% für die kleinste Quartile an Fleischkonsum und % für die höchste Quartile an Fleischkonsum.

Der Gesamtkonsum sowie speziell der Konsum von rotem und erarbeitetem Fleisch war mit einem erhöhten Risiko, ein Magenkarzinom zu entwickeln, assoziiert, speziell bei Helicobacter pylori-positiven Patienten. Diese Assoziation bestand nicht mit dem Kardia-Karzinom.

Dr. Dr. C.A. Gonzälez, Department of Epidemiology, Catalan Institute of Oncology, Barcelona, Spanien, E-mail: cagonzalez@ico.scs.es

177/2006II

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Tagesanzeiger 21.7.2007

Fleischproduktion schadet dem Klima

London. - Die Herstellung von einem Kilogramm Rindfleisch ist so klimaschädlich wie eine Autofahrt von 250 Kilometern. Das berichtet das britische Magazin «New Scientist» (Nr. 2613, S. 15) mit Verweis auf japanische Forscher. Sie berücksichtigten unter anderem die Futterproduktion und das Methangas, das Rinder bei der Verdauung ausstossen. Das Team um Aldfumi Ogino vom Nationalen Institut für Vieh-und Weideforschung in Tsukuba hatte für die Studie Daten einer industriellen japanischen Rinderfarm verwendet. (dpa/fwt)

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Tagesanzeiger 1.6.2015

Unsere Tierliebe nützt vor allem dem eigenen Gewissen

 von Beat Metzler

Tierschutz: Die Livehinrichtung eines Hasen am Radio zeigt:
Unsere Tierliebe nützt vor allem dem eigenen Gewissen.


Auf der Flucht vor der Velopumpe: Dieser Hase bringt sich schon mal in Sicherheit. (C)iStockphoto

Wenig für viele. Viel für wenige. So verteilt sich unsere Zuneigung für Tiere. Kühe, Schweine und Schafe werden täglich totgebolzt, gehäutet, zerlegt – über 250'000 pro Jahr allein im Zürcher Schlachthof. Niemanden kümmert es.

Stirbt ein Pferd am Sechseläuten oder verspeist ein Bauer seine Katzen, regt sich die die halbe Schweiz auf.

Diese «Heuchelei im Umgang mit der Fleischindustrie» wollte der dänische Radiomoderator Asger Juhl blossstellen. Dazu wählte er ein derbes Mittel: Mit einer Velopumpe schlug er ein neun Wochen altes Kaninchen tot, live, am Ende einer Diskussionssendung über das Tierwohl. Den toten Allan (so der Name des Hasen) nahm er nach Hause, wo er mit seinen zwei Söhnen ein Hasenragout kochte.

Das Echo kam schnell, heftig und klang wenig überraschend. Die ganze Woche prasselten Verwünschungen auf Juhl nieder, Petitionen fordern seine Absetzung. Manche Kommentatoren schrieben, man solle Juhl oder seine Kinder doch ebenfalls mit einer Velopumpe totprügeln.

Juhl entgegnete: Er habe sich das Töten von einem Zoowärter zeigen lassen, der Kaninchen an Schlangen verfüttere. Allan habe besser gelebt und weniger gelitten als die Tiere in der Fleischindustrie. Die Empörten blieben unerbittlich: Juhl müsse weg.

Der Glaube ans gute Fleisch

Melanie Joy hilft, diese gnadenlose Aufregung zu erklären. Die Psychologin prägte 2010 den Begriff «Carnism». Den meisten Menschen widerstrebe das Töten von Tieren, sagt Joy. Trotzdem essen sie ständig getötete Tiere. Um diesen Widerspruch auszuhalten und das eigene Verhalten zu rechtfertigen, bedienten sie sich einer unsichtbaren Ideologie, des Karnismus. Dieser behaupte: Der Mensch braucht Fleisch. Fleisch ist gesund. Massentierhaltung ist ein notwendiges Übel. Am besten beachten wir sie nicht. Gewisse Tiere soll man essen, andere nicht.

Ein solches Glaubenssystem macht den Aufschrei über einzelne Tierschicksale verständlicher. Die Tode von Allan und dem Sechseläutenpferd haben wenig mit Fleischkonsum zu tun. Man kann sich darüber empören, ohne die eigenen Essgewohnheiten zu hinterfragen. Das schlechte Gewissen darf sich frei entladen.

Zugleich schockiert das Konkrete: Von Allan und dem Sechseläutenpferd gibt es Bilder, sie sind sympathische Lebewesen, die nicht leiden sollten. Die Tiere, die jeden Morgen vor den Schlachthoftoren anstehen, bleiben anonym, sterben hinter Mauern.

Die ungleiche Mitgefühlverteilung bringt Tierschutzorganisationen in eine schwierige Lage. Gross ist die Verlockung, in die Empörung einzustimmen und die Kleinskandale für den eigenen Auftritt zu bewirtschaften. Selten erlangen Tierschützer so leicht so viel Zustimmung.

Gleichzeitig verzetteln sie sich dabei in Symbolkonflikten, die wenig ändern. Der hohe Fleischkonsum – aus Tierschutzsicht das grössere Übel als ein totes Häslein – bleibt unhinterfragt. Schnell verpufft die Empörung, das Schlachten geht weiter. So elegant funktioniert der Karnismus.

Asger Juhls öffentliche Hasen-Hinrichtung führte wieder einmal vor, wie irrational unsere Tierliebe einschlägt. Mehr nicht.

Allans Tod hat keinem anderen Tier das Leben gerettet. Ganz umsonst starb er trotzdem nicht. Das Ragout, sagte Juhl, habe toll geschmeckt.

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